Ich freue mich, dass ich Peter Stulz von xoio.de für dieses Interview gewinnen konnte! Peter berichtet über seine Erfahrungen über den Aufbau und den Betrieb seines Büros für 3D Architekturvisualisierungen und gibt uns ein paar interessante Einblicke in die Branche. Viel Spass!
Hallo Peter! Super, dass Du Dir die Zeit nimmst hier deine Erfahrungen und Anregungen zum Thema Architekturvisualisierung zu teilen. Vielleicht stellst Du dich zunächst kurz vor und gibst uns einen kleinen Einblick was Du machst und wie Du dazu gekommen bist.
Hi Tony, eigentlich bin ich Architekt, habe dann aber über diverse Wettbewerbe zur 3d-Visualisierung gefunden. Ich leite zusammen mit Lasse Rode und meiner Frau Bettina die xoio GmbH in Berlin, in der wir Illustrationen auf der Grundlage von 3d produzieren. Ich habe 2 Kids und schau, dass ich alle Bälle in der Luft halte :).
Was hat euch 2006 zur Gründung von xoio bewogen? Mit welchen Zielen und welchem Büroprofil seid ihr damals gestartet?
Ich habe vorher als Freelancer in diversen Agenturen gearbeitet. Irgendwann hatte ich so viele parallele Anfragen, dass ich mir gedacht habe, das probiere ich jetzt extern. Ich schätze mich glücklich, dass viele Kunden das mitgemacht haben.
Außerdem war ich an einem Punkt, wo ich keine Lust mehr hatte, Nachtschichten zu schrubben, um eine Präsentation zu bestücken und am Tag der Präsentation verlässt Du das Haus und der Job ist rum. So eitel bin ich, dass ich meinen Einsatz auch als eigenständiges Produkt übergeben wollte. Extern ist das besser.
Ziel war eigentlich, das wir neben der Auftragsarbeit eigenständige Projekte initiieren können. Das hat nur bedingt geklappt. Wir haben über die Jahre sehr viele freie Arbeiten gemacht, aber die meisten standen unter der Aufgabe, dass xoio sich ein neues Geschäftsfeld erschließen kann. Es ist leider immer noch so, dass Dir kein Kunde Geld gibt, für etwas was Du nicht schon mal gemacht hast. Das hat meist gut geklappt, allerdings waren die Arbeiten somit nicht wirklich frei.
Bietet ihr auch klassische Architekturleistung an oder was umfasst euer Dienstleistungsportfolio?
Anfangs wollten wir uns viel breiter aufstellen, aber es zeigte sich, dass es viel schlauer ist, sich zu konzentrieren und eine Sache gut zu machen – zumindest am Anfang. Dann wissen Außenstehende auch am besten, wofür Du stehst. xoio soll für richtig gute Bilder stehen – Punkt.
Aber eine Sache machen wir schon – und sind auch stolz drauf: Wir planen virtuelle Räume und Sets. Wir haben einige gute Kunden, die genau das brauchen. Zum Beispiel das richtige Studioset um gleich in der Visualisierung zu planen. Das können wir gut und das macht auch Freude.
Habt ihr eine langfristige Vision wie ihr euch entwickeln wollt?
Ja schon, aber die ist einfach: Wir wollen uns den Luxus leisten können, gute Arbeitgeber zu sein. Unser Team ist das wichtigste Asset und denen soll es gut gehen. Nur dann können wir auch gute Bilder machen. Aber das bedeutet für alle ständige Selbstreflektion und Analyse: Warum ist das Bild noch nicht gut? Wo muss man besser im Projekt koordinieren? Wie ist man ein guter Dienstleister? Ab wann muss ich einem Kunden auch mal Einhalt gebieten? Nur so können wir gute Arbeit leisten, welche den Preis auch rechtfertigt. Die Zusammenhänge sind komplex :).
Thema Neukundenakquise: Wie schafft ihr es auch überregionale oder gar internationale Kunden für euch zu gewinnen? Welche Rolle spielt hier oder auch generell eure Internetseite?
Wir haben nie aktiv Akquise gemacht – das war uns immer zu anstrengend. Wir versuchen eigentlich immer unsere Bilder publik zu machen und hoffen, dass sich jemand dafür interessiert.
Webseite und soziale Netzwerke haben uns dabei die letzten Jahre extrem geholfen, aber ich habe das Gefühl, das wird sich alles ändern. Die Menschen sind übersättigt vom ständigen medialen Overflow.
Welche Software setzt Ihr in eurem Workflow besonders gerne für welche Aufgaben ein?
Das Übliche. Wir haben lange verschiedene Programme ausprobiert, und sind bei 3ds Max geblieben. 3ds ist ein Dinosaurier – eigentlich furchtbar, aber es hat ein paar unschlagbare Vorteile: Es kann zwischenzeitlich eine unglaubliche Menge an Daten handlen, ist erstaunlich stabil und hat mit Vray, Corona und Forest ein paar Plugins, die einfach alles ermöglichen. Postproduktion läuft nach wie vor über Photoshop und Aftereffects – das kann halt jeder. Ich würde mir als Einsteiger aber auf jeden Fall Krita anschauen – toll und umsonst! Außerdem wird es Zeit, dass es Bildbearbeitungsvarianten gibt.
Und dann gibt es eben die Spezialisten: Zbrush für Highpolysculpting, World-Machine für Terrains, GrowFX für Bäume, …
Ich versuche mir gerade Modo beizubringen – ich glaube, das wird noch sehr spannend um dieses Programm. Der Modeller ist gewöhnungsbedürftig, aber fix!
Versucht ihr in der klassischen Architekturvisualisierung eher möglichst viel in 3D umzusetzen oder liegt der Schwerpunkt häufig im Post-Processing z.B. in Photoshop?
Eigentlich versuchen wir immer in der 3D Umgebung so weit wie möglich zu kommen. Die ganzen interaktiven Möglichkeiten bei Corona oder Octane z.B. sind zwischenzeitlich so gut – warum das in die Post verlagern? Natürlich kann man in der Post noch viel „rausholen“, aber meistens gibt es einfach eine Grenze, ab der das Bild dann künstlich aussieht. Dafür brauchst Du dann jemand, der WIRKLICH gut in der Post ist, und das ist in der Tat selten.
In vielen Architekturbüros werden Architekturvisualisierungen „inhouse“ abgearbeitet. Was denkst Du, ab wann lohnt sich die Zusammenarbeit mit einem externen spezialisierten Dienstleister wie ihr es seid?
Das muss jeder für sich selbst wissen. Es gibt Studenten, die machen schon Hammerbilder. Im Gegensatz dazu gibt es bei uns auch Fälle, wo ein Bild einfach nicht so klappen will – das kennt jeder. Insofern kann ich nicht mal garantieren, dass unsere Bilder x-mal besser sein werden.
Aber wir haben Erfahrung – wir fahren keine Projekte mehr gegen die Wand. Bei dem Studi kann Dir keiner garantieren, dass der mit dem Renderbug zurecht kommt und die Abgabe schafft.
Außerdem haben wir einfach gute Artists, von denen ich einfach mal annehme, sie machen tolle Bilder. Zuverlässig. Zum vereinbarten Zeitpunkt. Ohne Stress.
Kurz gesagt, wenn Du Professionalität, Zuverlässigkeit in einer kreativen Dienstleistung brauchst, dann freuen wir uns, helfen zu dürfen.
Was hält aus deiner Sicht Architekturbüros davon ab Visualisierungen auszulagern? Konntest Du hier z.B. wiederkehrende Vorurteile beobachten?
Meist sind es natürlich die Kosten und eine Angst vor Kontrollverlust – Architekten haben tendenziell ja eh eine Kontrollmanie :). Das geht dann soweit, dass manche Architekten auch denken, sie verstehen unser Handwerk besser. Grundsätzlich darf natürlich jeder denken, was er will, aber wenn ein Architekt mir erzählt „Holz sei gelb“, dann muss ich mir schon auf die Zunge beißen. Hier haben wir schon so ein paar Klassiker erlebt.
Aber natürlich haben wir auch phantastische Kunden aus Architekturbüros. Meist geht es um die Erkenntnis: Eine Illustration ist ein Marketingtool. Wenn ich Immobilie X um 3 Monate früher vermarktet bekomme, weil die Bilder überzeugen, dann ist das X Euro wert. xoio macht das – ich muss mich nicht darum kümmern.
Dann wird unsere Arbeit auch geschätzt und wertvoll.
Ihr experimentiert ja auch gerade mit der „Unreal Engine“ zur Architekturvisualisierung. Kannst Du uns zuerst generell aufklären was es damit auf sich hat, wofür ihr diese einsetzt und welche Vorteile und Potentiale ihr für den Einsatz in der Architekturdarstellung sehr?
Das ist einfach: Wir haben über lange Zeit, Echtzeitengines angeschaut, aber das sah immer noch zu sehr nach Game aus.
Die Unrealengine 4 kann tolle Visuals machen, die sich qualitativ mit Offline Rendern messen können – Punkt. Außerdem sind die Leute von Epic aus Raleigh echt schlau, freundlich und fleißig.
Die Engine entwickelt sich rasend schnell weiter und die Community hat unmittelbaren Profit. Großartig.
Schlussendlich ist der Editor zunächst mal umsonst zum Ausprobieren und macht unglaublich Spaß.
Welche zukünftigen Trends erwartest Du im Bereich der Architekturvisualisierung?
Wie oben schon erwähnt wird Echtzeitvisualisierung meiner Meinung nach interessant und zugänglich. Alle Prozesse werden schneller, aber ich erwarte hier keine Quantensprünge mehr.
Am Ende geht es immer noch darum, dass ein Mensch vor dem Computer sitzen sollte, der versteht, gute Bilder zu machen.
Hast Du noch einen Tipp, den Du den „jungen und wilden“ Anfängern im Bereich der Architekturvisualisierung mit auf dem Weg geben willst?
Ich denke ja:
- Konzentration: Es ist so wichtig, frühzeitig sich Bedingungen zu verinnerlichen, unter denen man konzentriert arbeiten kann. Computerarbeit bietet so viele Möglichkeiten, sich ablenken zu lassen. Youtube, Skype, Email, irgendwelche Newspages oder Foren , whatever! …. man kann so viel Zeit verheizen mit Sachen die nur 1 Mouseklick entfernt ist. Die wirklich guten Artists sind die, welche einfach konzentriert Ihren Job machen – Tag für Tag. Das ist schwieriger als man denkt.
- Kreativität wahren: Ich sehe oft Artists, welche „akzeptieren“, was die Renderengine Ihnen ausspuckt. Man wird gerne dazu verleitet das Auge und das Hirn auszuschalten, dabei sind die Images noch gar nicht überzeugend. Die Natur unserer Arbeit kann auch sehr lähmend sein, weil man ja eh mit so viel Technik zu kämpfen hat, dass man die Aufgabe nicht noch unnötig mit unangenehmen Aufgaben verkomplizieren will: „Wie kriege ich noch Licht in die Ecke dahinten? “, „Warum sehen die Bäume noch sch*** aus?“ 🙂
Ich versuche mich dann immer in die Rolle eines Malers oder Zeichners zu versetzen, manchmal sogar wortwörtlich: Hier werden Entscheidungen direkt mit dem Stift getroffen. So ist man „in charge“ und gestaltet ein Bild, bevor man wieder in die 3D Umgebung wechselt.
Generell ist ein Wechsel des Mediums immer gut, um kreativ weiter zu kommen. Skizzen, malen, etc. … oft hilft auch einfach mal kurz aufzuschreiben, was man eigentlich sehen will.
- Zukunft als Visualisierer planen: Es gibt leider ein paar unumstößliche Fakten:
a) Man verdient in der 3d /Kreativbranche nicht berauschend.
b) die kreative Energie, welche man als Einsteiger noch relativ ungezügelt haben sollte, verebbt über die Jahre oder zumindest wandeln sich die Interessen: Man verliert das operative Interesse.
c) das Verkaufen von kreativen Dienstleistungen ist nicht unkompliziert.
Ich will nicht ins Detail gehen, aber solche Facts muss man im Hinterkopf behalten, wenn man sich seine Zukunft kurz aufskizziert und dabei versucht realistisch zu sein. Es ist einfach jammerschade, wenn man Freelancer sieht, welche seit Jahren rumkrebsen, auf keinen grünen Zweig kommen und eigentlich gar keinen Bock auf 3D haben. Dann lieber BWL studieren oder was Soziales machen.
Schließlich soll der kreative Job auch in 10-20 Jahren noch erfüllen und Freude machen!
Vielen Dank für das Interview Peter!
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