In diesem Interview steht uns Tim Bonnke Rede und Antwort. Tim hat vor kurzem mit der Gründung seines Büros zur Architekturvisualisierung „build – Architektur Visualisierung“ den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Nicht nur deswegen ist das Interview sehr interessant, sondern es bietet auch einen Eindruck in die Büroausrichtung der kommenden Generation der Szene.
Viel Spass mit dem Interview!
Hallo Tim! Erst einmal ein Danke, dass Du Dir die Zeit für das Interview nimmst. Vielleicht stellst Du dich zunächst kurz vor und wie Du zum Thema Architekturvisualisierung gekommen bist.
Bei mir war es nicht anders als bei den meisten unseres Gewerbes. Man studiert Architektur und sucht nach Möglichkeiten seine architektonischen Ideen anders auszudrücken und zu präsentieren, als nur über flache zweidimensionale Ansichten. Zudem bin ich kein begnadeter Modellbauer. Ich habe am Computer erstelle Bilder gesehen, die spannend aussahen und mir darauf hin für viel Geld ein Buch zu diesem Thema gekauft. Es hat mich fasziniert, was damals, wir reden hier vom Jahre 1999, schon möglich war. So kam ich mit unterschiedlichen 3D Programmen in Berührung, mit denen ich dann experimentiert habe. Ich weiß noch, dass ich während eines Praxissemesters in einem kleinen Architekturbüro einen Elektrofachmarkt mit ArCon+ visualisiert habe. Auf das Programm würde ich heute allerdings nicht mehr zurück greifen wollen.
Mit der Bürogründung hast Du ja erst vor kurzem den Schritt zur Spezialisierung gewagt. Was genau hat Dich zu diesem Schritt bewogen?
Ich habe viele Jahre als Architekt in der Projektentwicklung gearbeitet und war in den verschiedenen Büros auch für die entsprechende visuelle Umsetzung der Konzepte mit verantwortlich. Mir hat das immer Spaß gemacht. Das war eigentlich der Hauptgrund für meine Entscheidung. Aber auch weil ich erfahren habe, dass es noch immer ein Spezialgebiet ist. Denn erstaunlich wenig Architekten haben auch das Know-how hochwertige 3D Visualisierungen zu erstellen. Die Selbstständigkeit bietet mir nun Möglichkeit mich ganztägig mit diesem Thema auseinander zusetzen und mich weiter zu entwickeln, neue Programme zu lernen und an anderen Projekten zu arbeiten, die mich interessieren.
Bietet ihr auch klassische Architekturleistung an oder wie sieht euer Dienstleistungsportfolio aus?
Die Grundleistungen sind in der Tat 3D Visualisierungen, Filme und 360 Grad Panoramen. Das sind Leistungen die noch immer benötigt werden. Und daran wird sich auch so schnell nichts ändern. Es kommen aber weitere Dienstleistungen hinzu, mit denen wir experimentieren. Ich rede hier von VR (Virtual Reality) und AR (Argumentet Reality). Bereiche, die zukünftig weiter an Gewichtung gewinnen werden.
Lässt sich aus Deiner Sicht ein doch sehr individuelles „Produkt“ wie eine Architekturvisualisierung gut über das Internet verkaufen und abwickeln? Wie geht Ihr hier vor?
Ja, natürlich. Wo sonst kannst du Kontakt mit Architekten aus ganz Deutschland knüpfen ohne dich aktiv darum zu bemühen? Deine Kunden kommen zu dir. Es ist natürlich wichtig, dass sie dich auch finden und dads du eine Seite hast, die überzeugend deine Leistungen darstellt.
Was ich interessanter Weise festgestellt habe, ist dass es doch noch eine Menge Büros und Firmen gibt, die sich nach einem lokalen Anbieter umsehen. Selbst wenn man sich während der Bearbeitung eines Projektes nicht sieht. Hier hat sich noch nicht ganz durchgesetzt, dass es heutzutage bedeutungslos ist, wo man eine 3D Visualisierung beauftragt. Über Email und Telefon lässt sich alles regeln. Aber ich kann auch verstehen, dass manche Auftraggeber, gerade bei großen Budgets, ihren Gegenüber einmal kennen lernen möchten. Aber auch das ist ja heutzutage kein Problem.
Welche Software setzt Du aktuell besonders gerne für welche Aufgaben ein?
Ich arbeite gerne mit Sketchup, Vray und Photoshop. Das ist eine gute Kombination um effektiv zu arbeiten. Geschwindigkeit ist das, was den Kunden oftmals entgegen kommt. Denn immer wieder ist es so, dass nur wenige Tage für die Fertigstellung einer 3D Visualisierung zur Verfügung stehen. Für Filme setze ich meistens Lumion ein. Auch das reicht vielen Kunden aus und der Preis der dann für einen Film zu zahlen ist kommt den Budgets vieler Kunden entgegen. Für die Umsetzung interaktiver Modelle testen wir zur Zeit UDK4 und Unity3D.
Hast Du auch Erfahrungen mit anderen Programmen gesammelt?
Wie gesagt, habe ich vieles ausprobiert. Mein erstes Programm, dass ich mir gekauft habe war damals 3D Studio Viz, welches nun ja vergleichbar ist mit 3D Studio Max Design. Ich habe auch Erfahrungen mit anderen Programmen mit diesem oder ähnlichem Leistungsumfang. 2005 bin ich auf Sketchup gestoßen und habe mich in dieses Programm mit seiner Leichtigkeit verliebt.
Nutzt Du unterschiedliche Programme oder Vorgehensweisen für unterschiedliche Projektstufen?
Ich fahre mit Sketchup eigentlich in allen Phasen der Projektbearbeitung ganz gut. Ich kann schnell Kubaturen ausarbeiten und die Grundformen schaffen. Im Laufe des Prozesses werden diese weiter ausgearbeitet. Durch die Verwendung von Komponenten ist man extrem schnell. Und durch die wirklich umfangreiche Auswahl an zusätzlichen Plugins bleibt eigentlich kein Wunsch offen. Lediglich im Bereich der Aussendarstellung gab und gibt es manchmal Grenzen. Aber auch hier gibt es mittlerweile gute Möglichkeiten in Sketchup zu agieren. Ergänzend dazu lasse ich frühzeitig auch Photoshop in die Bearbeitung der 3D Visualisierung einfließen. So kann der Kunde bereits in der frühen Bearbeitungsphase eine Idee von der angedachten Stimmung im Bild erkennen. Das ist mir wichtig.
Versuchst Du eher möglichst viel direkt aus der 3D Umgebung mit zu rendern oder liegt der Schwerpunkt auf dem Post Processing?
Es kommt da eigentlich auf das Projekt und die Empfinden dazu an. Ich würde das nicht pauschalieren. Manche Projekte werden eher photorealistisch umgesetzt, während andere eine besondere Stimmung fordern, die man besser im Post Processing hinbekommt.
In vielen Architekturbüros werden Architekturvisualisierungen „inhouse“ abgearbeitet. Was denkst Du, ab wann lohnt sich die Zusammenarbeit mit einem externen spezialisierten Dienstleister wie ihr es seid?
Meine Erfahrung ist eher, dass sich nur die großen Architekturbüros professionelle Mitarbeiter leisten um 3D Visualisierungen selber zu erarbeiten. Meistens ist das eher ein Nebenprodukt eines Mitarbeiters. Für erste Ideen reicht das auch sicher aus. Wenn es aber um eine professionelle Außendarstellung geht, halte ich die Beauftragung eines professionellen Visualisierers für die richtige Wahl. Natürlich ist hier auch die Zahlungswilligkeit eines Kunden gefragt. Denn nicht jeder Architekt oder Investor ist bereit für die Darstellung deines Objektes extra zahlen zu wollen. Allerdings ist das im Rahmen einer professionellen Vermarktung des Projektes zu kurz gedacht.
Was hält aus deiner Sicht Architekturbüros davon ab Visualisierungen auszulagern?
Das sind ganz klar die entstehenden Kosten für professionelle 3D Visualisierungen. Es sind auch in erster Linie nicht die Architekten die solch eine Entscheidung treffen, sondern eher die Investoren, die dahinter stehen.
Welches Budget sollte ein Architekturbüro für eine durchschnittliche Architekturvisualisierung bei einem Wettbewerb (z.B. Museumsentwurf mit 3 Außenperspektiven und 2 Innenperspektive) einplanen?
Das ist natürlich abhängig davon welche Qualität man sich für die Bilder wünscht. Man kann so etwas im Ausland sicher für unter 2.000 € einkaufen. Das ist heutzutage nichts ungewöhnliches mehr. Allerdings ist es so, dass diese Firmen in der Regal keine studierten Architekten beschäftigen und die Bilder daher im Detail und der Formensprache unrealistisch werden. Das bedeutet einen hohen eigenen Korrekturaufwand.
Für gute Bilder von einem erfahrenen Dienstleister sollte man, bei der von dir erwähnten Menge von fünf 3D Visualisierungen, sicher 3.500-4.500 € einrechnen. Es ist natürlich auch abhängig von der Größe des Projekts.
Welche zukünftigen Trends erwartest Du im Bereich der Architekturvisualisierung?
Das, was im kommenden Jahr ganz sicher seine Spuren hinterlassen wird, sind interaktive Modelle. Wir befinden uns in einer Zeit, in der die Nutzung von Spiele-Engines für den Einsatz von 3D Visualisierungen immer populärer wird. Dieses, gepaart mit dem Einsatz der im nächsten Jahr auf den Markt kommenden 3D Brillen, wie dem Oculus Rift, eröffnet eine ganz neue Welt der Darstellung und des Erlebens von virtuell gebauter Architektur. Der Effekt der Immersion ist in dieser Zusammenstellung gewaltig und nicht mit der Virtuellen Realität zu vergleichen, die es bisher gab. Wir selber experimentieren mit dem Rift und erwarten, dass das Developer Kit 2 in den kommenden Tagen bei uns eintrifft. Diese Art von Echtzeitvisualisierung wird auf jeden Fall Teil unseres Leistungsbildes sein.
Es bleibt also spannend! Vielleicht bietet sich ja die Gelegenheit, dass Du zukünftig noch einmal über deine gemachten Erfahrungen mit der neuen Technik berichtest. Zunächst aber herzlichen Dank für das interessante Interview!
Christian da Silva Caetano says
Gutes Interview mit viel Wahrheitsgehalt, Kompliment!
Viele Grüße,
Christian
https://www.vismagine.de/